Parlamentarische Initiative

Küsnacht und Winterthur, 1. September 2014

KR-Nr. 207/2014
PARLAMENTARISCHE INITIATIVE

von Hans-Peter Amrein (SVP, Küsnacht) und Dieter Kläy (FDP, Winterthur)
betreffend Abtretung von Verlustscheinen

Das Gemeindegesetz (GG; LS 131.1) wird wie folgt ergänzt:

§ 124^bis Verlustscheinbewirtschaftung

Abs. 1 Die Gemeinden sind verpflichtet, abgeschriebene Forderungen auf ihre nachträgliche Wiedereinbringlichkeit hin zu überwachen. Bestehen neue Erfolgsaussichten, so sind neue Bezugsmassnahmen zu ergreifen.

Abs. 2 Die Gemeinden können Verlustscheine an Dritte abtreten. Der Regierungsrat erlässt die zur Abtretung erforderlichen Vorschriften.

Hans-Peter Amrein
Dieter Kläy

Begründung:
Seit dem Inkrafttreten der SchKG Revision am 1. Januar 1997 verjähren alle durch Verlustschein verurkundeten Forderungen 20 Jahre nach Ausstellung des Verlustscheins; gegenüber den Erben des Schuldners jedoch verjährt sie spätestens ein Jahr nach Eröffnung des Erbganges (Art. 149 Abs. 1 SchKG). Die Verjährungsfrist gilt auch für diejenigen Forderungen, für die ein Verlustschein vor 1997 ausgestellt wurde. Diese Forderungen verjähren 20 Jahre nach dem Inkrafttreten der SchKG Revision (Schlussbestimmungen der Änderung vom 16.12.1994, Art. 2 Abs. 5). Entsprechend verjähren alle Forderungen aus vor 1997 ausgestellten Verlustscheinen am 1. Januar 2017.
Gläubiger sind daher gut beraten, die Verwertung ihrer altrechtlichen Verlustscheine rasch an die Hand zu nehmen. Dies ist jedoch mit einem grundsätzlich hohen ausserordentlichen Aufwand verbunden, dem die meisten Gläubiger nicht in befriedigender Weise nachkommen können. In der Privatwirtschaft steigt daher die Zahl der Unternehmen, die bereits abgeschriebene Forderungen an spezialisierte Unternehmen auslagern oder zur professionellen Bewirtschaftung von Verlustscheinen Dritte herbeiziehen. So können ausserordentliche Erträge erzielt werden, währenddem der normale Betrieb unbeeinträchtigt weitergehen kann.
Auf kantonaler Ebene wird die Bewirtschaftung von Verlustscheinen derzeit in der Weisung der Finanzdirektion für die Überwachung von Verlustscheinforderungen vom 1. Januar 2008 (Weisung zur Überwachung) geregelt. Für die Verlustscheine auf kantonaler Ebene besteht gemäss Ziff. 10 der Weisung zur Überwachung eine Pflicht zur aktiven Bewirtschaftung, d.h. zur periodischen Überprüfung und zum Einholen geeigneter Informationen.
Gemäss Ziff. 3 der Weisung zur Überwachung führen die zuständigen Verwaltungseinheiten ein Verzeichnis ihrer Verlustscheine. Ziff. 2 Abs. 2 der Weisung zur Überwachung erlaubt es den kantonalen Stellen die Verwaltung ihrer Verlustscheine an das Buchungszentrum der Finanzverwaltung zu delegieren. Alle dort verwalteten Verlustscheine werden in einem elektronischen Register erfasst.
Die Gemeinden werden in der Weisung der Finanzdirektion über den Bezug der Staats- und Gemeindesteuern zur aktiven Bewirtschaftung ihrer Verlustscheine verpflichtet. Diese Bewirtschaftung wird durch das Revisorat des kantonalen Steueramts im Rahmen seiner periodischen Revisionen für den Steuerbezug durch die Gemeindesteuerämter überprüft. Ansons-ten regeln die Gemeinden nach Art. 85 der Verfassung des Kantons Zürich (KV; LS 101) ihre Angelegenheiten selbständig. Dazu gehört auch die Bewirtschaftung ihrer Verlustscheine.
Bis heute ist es jedoch den Gemeinwesen nicht möglich, im Rahmen der Verlustscheinbe-wirtschaftung Verlustscheine an Dritte abzutreten, da eine solche Abtretung von öffentlich-rechtlichen Forderungen nicht ohne besondere öffentlich-rechtliche Gesetzesgrundlage möglich ist. Dies steht eindeutig im Spannungsverhältnis mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung der Zürcher Gemeinden, die öffentlichen Aufgaben wirkungsvoll, wirtschaftlich und nachhaltig zu erfüllen. Eine unprofessionelle Verlustscheinbewirtschaftung ist daher nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht höchst problematisch.
Die vorliegende parlamentarische Initiative will dem bestehenden Missstand Abhilfe schaffen und die insoweit bestehende Ungleichbehandlung gegenüber privaten Gläubigern beheben. Mit der Anpassung des Gemeindesgesetzes wird die erforderliche gesetzliche Grundlage für die Abtretung der Verlustscheinforderungen an Dritte, insbesondere auch Inkassofirmen, geschaffen.
Der Regierungsrat hat die entsprechenden Modalitäten zeitnah zu regeln, um insbesondere vor dem Hintergrund der drohenden Verjährung von altrechtlichen Verlustscheinen den Handlungsspielraum der Gemeinden zu erhöhen.
Die Finanzverwaltung wird überdies dafür Sorge zu tragen haben, dass die entsprechenden gesetzlichen Möglichkeiten für die Gemeinden in einer angepassten Weisung dargelegt werden.