«Von Tricks und Finten beim Strassenrückbau im Kanton Zürich»

Von Tricks und Finten beim Strassenrückbau im Kanton Zürich

Dem Rückbau und der Neugestaltung von Strassenräumen, der Aufhebung von Busbuchten und der systematischen Aufhebung von Parkplätzen – notabene bei gesteigertem Verkehrsaufkommen – werden im planerischen Alltag von Kanton und vieler Gemeinden fortschreitend Priorität gesetzt. Auf dem Staatsstrassennetz der Stadt Zürich haben verkehrspolitisch und planerisch absurde und ideologisch beeinflusste Strassenrückbauprojekte System.

Gesetzliche Vorgaben bei der Planung von Strassenbauprojekten
Artikel 13 des Strassengesetzes des Kantons Zürich (StrG; 722.1) definiert das Mitwirkungsverfahren der Bevölkerung bei Strassenbauvorhaben. Absicht des Gesetzgebers ist es, der Bevölkerung Gelegenheit zu geben, auf nicht genehme und/oder planerisch unsinnige Projekte und Projektteile hinzuweisen, damit der Rechtsweg – wenn überhaupt – erst in einer zweiten Phase und nach der Planfestsetzung (gemäss Artikel 16 und 17 StrG) beschritten wird.
Das Mitwirkungsverfahren eröffnet den Behörden und Planern die Möglichkeit, Strassenbauprojekte vor der (Plan-)Festsetzung den Wünschen der Bevölkerung anzupassen. Möglichst viele Einsprachen und langwierige Rechtshändel sollen so vermieden werden. Leider ist das Mitwirkungsverfahren von Seiten der Verwaltung in den letzten Monaten mehrmals pervertiert worden.
In mehreren Berichten zu nicht berücksichtigten Einwendungen (Artikel 13 StrG – Auflagepflicht) kann wie folgt oder sinnesgemäss nachgelesen werden: «Dem Projekt wurde vom Kanton im Begehrensäusserungsantrag bereits zugestimmt.» Die Frage, ob das Verfahren von Seiten staatlicher Stellen überhaupt noch ernst genommen wird, muss gestellt werden. Werden eine Mehrzahl der Strassenbauprojekte im Kanton Zürich heutzutage nicht schon anlässlich der planerischen Koordinationssitzungen zwischen Behörden, Planern sowie weiteren, involvierten Parteien und vor Auslösung des Mitwirkungsverfahrens behördenverbindlich abgesegnet? Damit wäre das Mitwirkungsverfahren zur Farce verkommen!

Staatliche Approbation irreführender und fehlerhafter Planauflagen
Anlässlich eines Mitwirkungsverfahrens zwecks Rückbau der Rosengartenstrasse und der Bucheggstrasse (mit bis zu 70 000 Fahrzeugbewegungen pro Tag die meistbefahrenen Staatstrassen/ Tangentiale durch die Stadt Zürich) wurde in den aufgelegten Plänen eine heute bestehende Fahrspur unterschlagen. In der Beantwortung einer Anfrage von Seiten der SVP im Kantonsrat (KR 304/2011) zur inkorrekten Planauflage argumentiert die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons (vertreten durch das für die Planung der Staatsstrassen verantwortliche Amt für Verkehr, AFV) in lupenreinem Beamtendeutsch wie folgt: «Das Gesetz umschreibt keine Anforderungen an die aufgelegten Pläne. Es gibt mithin keine Vorgaben, die bestehende Situation in aufgelegten Plänen einzuzeichnen. Die aufgelegten und im Internet veröffentlichten Pläne für das Projekt Rosengarten-/Bucheggstrasse zeigten den geplanten Zielzustand auf. Damit konnte sich die Bevölkerung über das Ergebnis der geplanten baulichen Massnahmen informieren … In der beim Stadtrat eingeholten Stellungnahme hält dieser fest, dass die geplanten baulichen Massnahmen in den nach Art. 13 StrG veröffentlichten Plänen in rechtsgenügender Weise dargestellt werden.» In Beantwortung einer Anfrage von SVPSeite im Gemeinderat der Stadt Zürich (GR 2011/45) doppelt der Stadtrat nach und bestätigt die staatliche Willkür: «Bei der Darstellung der geplanten Projekte für die Mitwirkung der Bevölkerung bestehen keine rechtlichen Vorgaben und es sind verschiedene Formen ohne Weiteres zulässig … Es gibt in diesem Sinn keine Vorgaben, die bestehende Situation einzuzeichnen. In der Regel dürfen die Pläne nicht mit Details überladen werden, die nicht zur baulichen Neugestaltung gehören, da diese es der Bevölkerung erschweren können, sich ein Bild über die baulichen Änderungen zu machen.»

Auftrags-Umfragen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung
Der Kommunikation kommt eine Schlüsselstellung zur Durchsetzung politischer Ziele zu – das haben schon Marx und Engels festgestellt. Ihre Jünger im stadtzürcherischen Tiefbauamt halten sich stramm an diese Maxime und haben sich die Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung mittels selbstgezwirnter Umfragen auf ihre Fahne geschrieben. Weil sich das Amt von Frau Stadtrat Genner nicht auf genügend Kommunikationskapazität und -berater innerhalb der Stadtverwaltung stützen kann (die Stadt Zürich beschäftigt in dieser Disziplin gesamthaft 85 Mitarbeiter) gab es einer externen Kommunikationsfirma eine Umfrage in Auftrag. Mittels eines 96-seitigen Berichtes, zu dieser bei sage und schreibe 150 befragten Personen nicht repräsentativen Umfrage, musste die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem Rückbau von Strassenräumen und die Verkehrsbehinderung rund um die Schmiede Wiedikon, den Lindenplatz und im Raume Milchbuck bewiesen werden. Zufälligerweise wurden nur Fussgänger und Touristen befragt. Dagegen wurden keine Automobilisten in die Umfrage einbezogen.
Auch die Anwohner wurden geflissentlich nicht direkt angesprochen. Marx und Engels dürfen im Grabe frohlocken. Mit der neusten (Gefälligkeits-?) Studie der Stadt Zürich sollen nun 1600 Mieter in städtischen Wohnsiedlungen zwecks Begründung geplanter Mobilitätseinschränkungen befragt werden. Der Kanton, sprich das AFV, steht solchem Mumpitz in nichts nach. Die durch zwei externe Beraterfirmen und unter gütiger Mitwirkung von Mitarbeitern des AFV erarbeitete und im Februar 2012 vom Kanton publizierte Studie «Zukunftsorientierte Infrastrukturplanung» ist gespickt mit möglichen Massnahmen aus dem Forderungskatalog linksideologisierter Verkehrsfachleute: Mobility – Pricing/Einführung von Abgaben zur Benützung der Infrastrukturen für den individuellen und den öffentlichen Verkehr, Massnahmen zwecks Reduktion der Nachfrage nach Mobilität, Senkung der Steuerabzüge für Pendler, Ausbau verkehrsverzögernder und behindernder Signalanlagen und Signalisierung und weitere mehr.

Planung und Bau von «Zugbrücken und Wassergräben» auf dem Staatsstrassennetz
Hier eine kurze Auflistung (Beispiele) zurzeit in Planung (P), kurz vor der Bauausführung stehender (B) oder fertig gestellter Strassenrückbauprojekte (E) im Kanton zwecks Behinderung des Verkehrsflusses auf Staatsstrassen: Spurrückbau Bellerivestrasse (P), Mehrfach-Spurabbau Utoquai im Raume Opera bis Bellevue (P/E); Spurabbau Utoquai, linkes Seeufer (P/B); Spurabbau Rosengarten-/Bucheggstrasse (P); Mehrfach-Tram-Querungen Hardbrücke (P); Kap-Haltestellen Hottingerplatz, Hölderlinstrasse, Hedwigsteig (P), Rückbau und Neuführung des Motorisierten-IndividualVerkehrs (MIV) im Raume Kreuzplatz/Zeltweg/Zollikerstrasse (P); Rückbau und Neuführung des MIV im Raume Vorderberg (P); Rückbau Zumikerstrasse in Itschnach/Küsnacht (B), Aufhebung Unterführung AlfredEscher-Strasse/Gotthardstrasse und Verzögerung des Verkehrsflusses mittels neuer, unnötiger Verkehrsampeln (B); unnötige und verkehrsbehindernde Fussgängerstreifen (3) mit Schutzinseln sowie Busbevorzugung mittels neuer Lichtsignalanlage auf der Rosengarten-/Bucheggstrasse (P); unzählige weitere, neue Steuerungen von Verkehrsampeln auf dem gesamten Staatsstrassennetz zwecks Behinderung des Verkehrsflusses (P/B).

Enorme Kosten und Steuergeldvernichtung
Ein kürzlich nach Artikel 13 StrG (Mitwirkung) aufgelegtes Strassenrückbauprojekt des Kantons (wiederum erstellt unter gütiger Mithilfe externer Experten) auf dem Gebiet der Gemeinde Urdorf (Birmensdorfer- und Feldstrasse) belegt exemplarisch den Unsinn und die Steuergeldvernichtung mittels eines ideologisch beeinflussten Strassenrückbauprojekts: auf rund 2,1 Kilometer Staatsstrasse sollen (exklusive Werkleitungssanierungen) rund 21 Millionen Franken verbaut werden. Diese enormen Kosten entstehen aufgrund ausgesuchter, luxuriöser Strassenmöblierung, welche in der Schweiz ihresgleichen sucht (unter anderem «vergoldete Abwasserrinnen und Strassenabschlüsse»), der Planung eines allen verkehrsplanerischen Grundsätzen höhnenden, dreiarmigen Kreisels (der vierte Arm führt inklusive neuer Brücke ins Niemandsland) und eines flächendeckenden Strassenraumrückbaus mit dazu gehörenden Schikanen.

Fazit
Planerischer Unsinn, welcher von linksideologisierten Beamten im Tiefbauamt der Stadt Zürich und innerhalb der kantonalen Volkswirtschaftsdirektion, mit Hilfe externer Planer, im Exzess zelebriert wird, widerspricht den folgenden, in der Verfassung des Kanton Zürich festgeschriebenen Grundsätzen: «Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein» (Artikel 2); «Kanton und Gemeinden sorgen für die Erhaltung der Lebensgrundlagen. In Verantwortung für die kommenden Generationen sind sie einer ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung verpflichtet» (Artikel 6); «Kanton und Gemeinden stellen sicher, dass die öffentlichen Aufgaben wirkungsvoll, wirtschaftlich … erfüllt werden» (Artikel 95). Auch der in Artikel 14 des Strassengesetztes festgeschriebene Grundsatz der Wirtschaftlichkeit wird mit Füssen getreten. Die bürgerlichen Mehrheiten im Regierungsrat und im Kantonsrat sind gefordert: es muss endlich Remedur geschaffen werden, um dem virulenten Strassenrückbau im Kanton Zürich Einhalt zu gebieten!