Medienmitteilung KR: Richtigstellung zum Rederecht im Zürcher Kantonsrat

 Die Geschäftsleitung des Kantonsrates hat die Eingaben von 36 Bürgerinnen und Bürgern beantwortet, welche die angewendete Redeordnung im Kantonsrat kritisieren. Sie hat darauf hingewiesen, dass durch vermehrte Ansetzung von reduzierten Debatten, Sitzungszeit gewonnen wird. Dadurch sollen Vorlagen zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie vertieft beraten werden können. 

Am 14. Januar 2021 hat die Geschäftsleitung des Zürcher Kantonsrates beschlossen, Diskussionen über Interpellationen und über die Überweisung oder Abschreibung von Postulaten vorübergehend als reduzierte Debatten zu führen. Bei all diesen Geschäften handelt es sich um Geschäfte, zu denen die Diskussion bereits geführt worden ist, über die erst zu einem späteren Zeitpunkt definitiv entschieden wird oder bei denen die rasche Feststellung der Ratsmehrheitsverhältnisse im Vordergrund steht. Das Ziel dieser bis zum 8. Juli 2021 befristeten Massnahme ist es, die Zahl der aktuell 189 hängigen Geschäfte zu reduzieren und genügend Beratungszeit sicherzustellen, damit die im Zusammenhang mit der Corona-Krise notwendigen Gesetzgebungsvorlagen und gewichtigen Finanzbeschlüsse fundiert und in freier Debatte beraten werden können. Weiterhin in reduzierter Debatte behandelt werden soll gemäss langjähriger Praxis die vorläufige Unterstützung von parlamentarischen Initiativen und Einzelinitiativen. 

Der fraktionslose Kantonsrat Hans-Peter Amrein (SVP/Küsnacht) reagierte auf diesen Entscheid mit Inseraten in der Tagespresse, in denen er die Beschränkung seines Rederechts kritisierte. 36 Bürgerinnen und Bürger folgten seiner Aufforderung und reichten beim Kantonsrat einen mit den Inseraten aufgeschalteten Musterbrief ein. 

Die Geschäftsleitung hat diese Eingaben am 8. Februar 2021 beantwortet. In ihrem Schreiben weist sie darauf hin, dass auch Fraktionslose in einer reduzierten Debatte sprechen dürfen, nämlich 5 Minuten, wenn sie einen Antrag stellen, und 10 Minuten, wenn sie als Urheberinnen oder Urheber ihren Vorstoss vertreten. Anders als im Inserat dargestellt, geniessen auch Fraktionslose ein uneingeschränktes Antragsrecht. Dieses sogenannte «konstruktive» Rederecht ist also gewährleistet. Zudem schützt gerade die Redeordnung des Zürcher Kantonsrates die Minderheiten besonders: Nur ein Drittel der Ratsmitglieder (60 von 180 Stimmen) kann eine freie Debatte verlangen, während es in anderen Parlamenten dafür eine Mehrheit braucht. 

Räumte man den Fraktionslosen ein gesondertes Rederecht ein, würde man sie bevorteilen. In reduzierten Debatten hat jede Fraktion nur 5 Minuten Redezeit. Neben der oder dem Erstunterzeichnenden des Vorstosses spricht also von jeder der 8 Fraktionen nur je eine Person, die übrigen 171 Ratsmitglieder haben kein Rederecht. Anders als von Hans-Peter Amrein kolportiert, hat die Geschäftsleitung somit keine «Lex Amrein» beschlossen.