Küsnachter Kantonsrat sieht Datenschutz in Gefahr
aus der Zürichsee-Zeitung vom 29.06.2017
Die Gemeinde Küsnacht befragt ihre Bevölkerung zur Zentrumsabstimmung, sehr zum Ärger von Hans-Peter Amrein (SVP). Der Kantonsrat hat beim kantonalen Datenschutz-beauftragten deswegen eine Anfrage gestellt.
Küsnacht möchte mehr wissen über das Abstimmungsverhalten seiner Bürger. Zumindest, wenn es um die hoch emotionale Zentrumsabstimmung geht. Im Februar schickte das Stimmvolk sowohl das Projekt Zentrumsentwicklung als auch das wesentlich günstigere Parkdeck bachab. Beide Vorlagen sahen eine neue Lösung für den Parkplatz bergseitig vom Küsnachter Bahnhof vor.
In einer Nachwahlbefragung wollen die Behörden nun nicht nur wissen, wie die Küsnachterinnen und Küsnachter abgestimmt haben, sondern auch, was einem an den beiden Projekten gefallen hat und was mit dem Areal geschehen soll. «Der Gemeinderat will die mit dem Abstimmungsresultat verbundene Botschaft verstehen. Ganz konkret: Wie soll es weitergehen?», benennt die Küsnachter Exekutive auf der ersten Seite des Dokumentes ihre Beweggründe für die Umfrage. Hintergrund ist dabei auch, dass die Baukredite für das Parkplatzareal zwar abgelehnt, aber die Erneuerung der SBB-Unterführung deutlich angenommen wurde. Umgesetzt werden kann diese freilich nicht, da sie an die beiden Zentrumsprojekte gekoppelt war.
IP-Adressen gespeichert
Wer bis zum 15. Juli an der Befragung teilnimmt, hat zugleich die Option, an einer Verlosung für einen Tablet-Computer mitzumachen. Gewinnen kann logischerweise nur, wer seine Adresse oder E-Mail-Adresse auf der letzten Seite des Dokuments preisgibt. Unter dem Adressfeld ist dennoch zu lesen, dass die Anonymisierung der Antworten gewährleistet bleibe.
Dieses Vorgehen der Gemeinde ruft Kantonsrat Hans-Peter Amrein (SVP) auf den Plan. «Wenn sie die Adresse in die Befragung hineinschreiben können, ist das datenschutzrechtlich fragwürdig», kritisiert der Küsnachter. Er befürchtet, dass die Identität des Umfragenteilnehmers in Verbindung zu seinen Antworten gebracht werden. Weiterhin moniert Amrein, dass bei der Befragung, die auch online durchgeführt wird, die IP-Adresse des jeweiligen Computers gespeichert werde und fast ausschliesslich aus vorgegebenen Antworten ausgewählt werden müsse. Für den Politiker ebenfalls ein Unding. Amrein will genau wissen, inwieweit die Umfrage mit dem Datenschutzrecht vereinbar ist und hat deswegen eine Anfrage an den kantonalen Datenschutzbeauftragten gestellt.
Hans Peter Waltisberg, Mediensprecher des Datenschutzbeauftragten, kann wegen der laufenden Prüfung der Anfrage keine Auskunft erteilt. Nicht so die Gemeinde Küsnacht, die der ZSZ ihre Antworten auf die Fragen des Datenschutzbeauftragten zukommen lässt. «Die automatisierte Erfassung der IP-Adresse stellt eine gewisse Hürde dar, dass man nicht beliebig oft an der Umfrage teilnehmen kann», ist den Antworten der Gemeinde zu entnehmen. Die Daten würden zudem unwiderruflich bis zum 15. August gelöscht. Erfasst werden sie von einer externen Firma.
Auch darauf, dass die Antworten und Adressen ins gleiche Dokument geschrieben werden, geht die Gemeinde ein. Direkt nach der Erfassung werde die letzte Seite mit allfälligen persönlichen Adressdaten abgetrennt. «Ein Rückschluss auf die Befragten kann ausgeschlossen werden.»
Keine Bedenken vom Experten
«Datenschutzrecht ist zwar eine sehr wertungsabhängige Materie, aber in diesem Fall sehe ich das Problem nicht», beurteilt Datenschutzspezialist David Vasella auf Anfrage der ZSZ das Vorgehen der Gemeinde. Die Verlosung sei ja freiwillig. Auch bezüglich der Speicherung der IP-Adressen gibt der Rechtsanwalt der Zürcher Kanzlei Walder Wyss Entwarnung: «Wenn Sie IP-Adressen erfassen, wissen Sie nicht automatisch, welche Person sich dahinter verbirgt.»
In der Schweiz würden IP-Adressen deswegen in der Regel nicht als Personendaten gelten, solange die Anschlussinhaber nicht zum Beispiel durch eine Online-Registrierung bekann sind. Nun muss sich noch zeigen, zu welchem Schluss der Datenschutzbeauftragte kommt. (Zürichsee-Zeitung)