Konflikt zwischen Küsnacht und dem DSB spitzt sich zu

Aus der Zürichsee-Zeitung vom 27.7.2017

 

Die Gemeinde Küsnacht wehrt sich gegen eine ­Einschätzung des Datenschutzbeauftragten. Dieser kritisiert eine Bevölkerungsbefragung und will Küsnacht weiter beobachten.

Der kantonale Datenschutzbeauftragte (DSB) Bruno Baeriswyl hat Küsnacht wegen einer Bevölkerungsbefragung scharf gerügt. Nun wehrt sich die Gemeinde mit einem Brief, den sie auch der «Zürichsee- Zeitung» zukommen liess, gegen die Einschätzung des obersten Datenschützers.

Anlass zu einer Überprüfung war eine Meldung des Küsnachter Kantonsrates Hans-Peter Amrein (SVP). Er befürchtete, dass die Gemeinde mit einer Bevölkerungsbefragung, die sie zwischen dem 8. Juni und dem 15. Juli durchgeführt hatte, die Datenschutzbestimmungen verletzte.

Gemeinde wehrt sich

Mithilfe einer Nachwahlbefragung wollte die Gemeinde die Meinungen ihrer Bewohner zu verschiedenen Themen wie der SBB-Unterführung oder zum Parkplatz Zürichstrasse eruieren. Mit der Kommunikationsplan GmbH hat die Gemeinde eine externe Firma mit der Durchführung beauftragt. Teilnehmen konnten die Küsnachter auf der Website, mit einem Papierfragebogen oder bei einer Strassenbefragung. Datenschützer Baeriswyl kommt in seiner Antwort zum Schluss, dass die Gemeinde ihre Verantwortung für die Datenbearbeitung nicht ausreichend wahrgenommen habe. Die Gemeinde Küsnacht wiederum bezeichnet nun in ihrer Replik das Vorgehen der Stelle des Datenschutzbeauftragten als nicht korrekt.

Besonders stört sich die Gemeinde daran, dass es im Vorfeld der Beurteilung vonseiten der Amtsstelle des DSB hiess, dass grundsätzlich keine Konsequenzen zu erwarten seien. Einzig ein Adresstalon auf der letzten Seite des Befragungsbogens sei ein Fehler – mit der Angabe ihrer Adresse konnten die Befragten an der Verlosung eines Tablet-Computers teilnehmen. «Auch von mündlichen Einschätzungen von Amtsstellen, welche nicht definitiv sind, kann erwartet werden, dass sie im Kern korrekt sind», ist dem Brief zu entnehmen. Weiter schreibt die Gemeinde, dass sie einen sofortigen Stopp der Umfrage angeboten habe. Ein Abbruch habe aber die zuständige Person ausdrücklich für unverhältnismässig gehalten. «Hätte die Auskunft anders gelautet, hätte die Gemeinde sofort reagieren und zugunsten der Bevölkerung Massnahmen treffen können, damit die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.»

Der Zürcher Datenschutzbeauftragte Bruno Baeriswyl über Kritik am Vorgehen Küsnachts und möchte die Gemeinde auch in Zukunft genauer beaobachten. Bild: Keystone.

Den Vorwurf, dass die Anonymität der Umfrageteilnahme nicht gewährleistet war, kontert die Gemeinde ebenfalls. Sie verweist darauf, dass die Teilnahme am Wettbewerb und damit die Angabe der Adresse freiwillig gewesen sei. Bezüglich der Platzierung des Adressfeldes zeigt sich die Gemeinde einsichtig und bezeichnet diese als nicht optimal. Sie verweist aber auch darauf, dass die Adressangaben separat gespeichert und die Formulare anschliessend geschreddert worden seien.

Besonders bezüglich der Speicherung der Daten durch das Umfrageinstrument Survey-Gizmo widerspricht Küsnacht der Beurteilung deutlich: «Die Erkenntnis des DSB, die Daten seien in den USA gespeichert worden, trifft nicht zu.» Vielmehr seien die Daten in Deutschland gespeichert worden. Dies ist von Belang, weil der Datenschutz in den USA nicht gleich streng gehandhabt wird wie in den Europarats-Staaten.

Unter Beobachtung

Trotzdem rückt der Datenschutzbeauftragte nicht von seiner Beurteilung ab. Die im Brief geäusserten Einwände änderten nichts an seiner datenschutzrechtlichen Einschätzung der Situation, sagt Baeriswyl auf Anfrage der ZSZ. Insbesondere zur Speicherungsproblematik äussert sich Baeriswyl: «Mit einer entsprechenden Software lässt sich ohne weiteres feststellen, dass der Serverstandort von www.surveygizmo.eu in den Vereinigten Staaten ist und dass beim Zugriff auf diese Website die Daten des Besuchers (IP-Adresse) an mindestens zwölf weitere Seiten mitgeteilt werden, unter anderem auch an Google.» Gespeichert wurden die IP-Adressen, also eine Art Kennziffer für jeden Computer, um eine mehrfache Teilnahme an der Befragung zu erschweren.

Auch bei seiner Schlussfolgerung spart der DSB nicht an scharfen Worten: «Die Gemeinde Küsnacht ist vor der Lancierung der Umfrage nicht an den DSB ­gelangt, um ihr Vorgehen datenschutzrechtlich abzuklären.» Erst durch Hans-Peter Amreins Anfrage wurde der DSB auf die Befragung aufmerksam. «Dies weist darauf hin, dass datenschutzrechtliche Fragen nicht als prioritär eingestuft wurden», schreibt Baeriswyl dazu. Seine Schlussfolgerung: «Aufgrund dieser Tatsache wird der DSB das Bearbeiten der Daten der Bürgerinnen und Bürger durch die Gemeinde Küsnacht weiterhin beobachten.» (Zürichsee-Zeitung)