«Interessenbindung der Staats- und Jugendanwaltschaft»
Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrter Herr Regierungsrat,
geschätzte Damen und Herren:
Neun Staatsanwaltschaften und die Oberstaatsanwaltschaft bilden im Kanton Zürich die Strafverfolgungsbehörden für Erwachsene.
Fünf Jugendanwaltschaften, die Abteilung Übertretungen sowie die Oberjugendanwaltschaft bilden die Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden für Minderjährige.
Alle sind sie für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs zuständig.
Gesamthaft beschäftigt der Kanton Zürich zur Strafverfolgung Erwachsener und Minderjähriger rund 190 Personen in staatsanwaltschaftlicher Stellung. Davon sind rund 124 Personen, also 2/3, nicht vom Volk, sondern vom Regierungsrat gewählt.
Jährlich erledigen die Staatsanwaltschaften für Erwachsene rund 24‘000 Fälle, die Jugendanwaltschaften rund 9500 Fälle.
Weit über 50 % der Verurteilungen von Erwachsenen erfolgen über einen von den Staatsanwaltschaften ausgestellten Strafbefehl, welcher entweder ein Busse, Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen, bis zu 720 Stunden gemeinnützige Arbeit, bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe sowie Kombinationen davon, welche nicht mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe entsprechen, beinhaltet.
Die Strafverfolgungsbehörden für Minderjährige haben gemäss Strafgesetzbuch und Jugendstrafgesetz eigene-, auf die Minderjährigen angepasste Strafkompetenzen.
Den Strafverfolgungsbehörden, sehr geehrte Damen und Herren Kantonsräte, fällt mit der Entscheidungsbefugnis, das Strafmass eines Strafbefehls respektive einer Strafe für ausreichend zu halten, eine enorm wichtige Funktion innerhalb der Rechtssprechung zu.
Um was geht es bei der hier vorliegenden Parlamentarischen Initiative:
Wie ausgeführt, sind die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Angehörige der Zürcher Justiz mit richterlicher Funktion. Die Mehrheit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, rund 124 Personen, wird nicht vom Volk gewähltStaatsanwältinnen und Staatsanwälte haben gemäss Artikel 355 der eidgenössischen Strafprozessordnung unter anderem strafrichterliche Kompetenz von bis zu 6 Monaten Gefängnis.
Es fallen ihnen gemäss dem Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess, genannt GOG, Artikel 102 und folgende, weitere, weitreichende Kompetenzen innerhalb der Justiz zu, wie beispielsweise der Verfügung von Zwangsmassnahmen, was einer privilegierten Stellung innerhalb der Rechtspflege gleich kommt!
Alle Mitglieder der Oberen Gerichte des Kantons, sowie der Bezirks- und weiterer Gerichte, haben gemäss GOG, Artikel 7, jährlich ihre Interessenbindungen der Öffentlichkeit bekannt zu geben – wie dies ja auch für die Mitglieder dieses Rates, der Legislative, gilt.
Umso unverständlicher ist es, weshalb für die Staatsanwaltschaften – einer mehrheitlich nicht vom Volk gewählten Behörde mit wie ausgeführt strafrichterlichen und anderen, weitreichenden Kompetenzen – dies nicht gelten soll?
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass aufgrund der Komplexität gewisser, in neuerer Zeit vermehrt auftretender Delikte (wie etwa der Cyberkriminalität und der Wirtschaftskriminalität) sogenannte „Experten“ zur Staatsanwaltschaft gestossen sind, welche weder den normalen „Karriereweg“, respektive den courant normal des Prüfungsverfahrens für die Staatsanwaltschaften, beschritten haben.
Aus den vorerwähnten Gründen bitte ich Sie, sehr geehrte Damen und Herren Kantonsräte, diese Parlamentarische Initiative vorläufig zu unterstützen. Ich danke Ihnen.