HRM2 und dessen kreative Anwendung durch die Stadt Winterthur

Mit dem Harmonisierten Rechnungsmodell 2 (HRM2) soll das heute im Kanton für die öffent-lichen Gemeinwesen geltende Rechnungsmodell radikal umgebaut werden. Nach dem durch den Regierungsrat dem Kantonsrat vorgelegten, neuen Gemeindegesetz soll HRM2 für all-gemein verbindlich erklärt werden. Nach Einführung in sechs Pilotgemeinden wird HRM2 in den nächsten zwei Jahren in weiteren sechs, sogenannten Projektgemeinden und in der Stadt Winterthur (per 1. Januar 2014) eingeführt. HRM2 schreibt unter anderem ein soge-nanntes Restatement (Neubewertung) des Verwaltungsvermögens (jene Vermögenswerte, welche der unmittelbaren Erfüllung des öffentlichen Auftrages dienen, wie Strassen, Werklei-tungen, gewisse öffentliche Bauten etc.) sowie die Abkehr von der heute geltenden-, degres-siven Abschreibungsmethode zur linearen Abschreibungsmethode vor.

Die Stadt Winterthur befindet sich in einer desolaten finanziellen Lage. Und auch die städti-sche Pensionskasse muss saniert werden. Der Weisung zur entsprechenden Volksabstim-mung (http://stadt.winterthur.ch/daten/weisungen/W12099.pdf) muss zu HRM2 entnommen werden: „Mit der vorgezogenen Einführung des Harmonisierten Rechnungslegungsmodells 2 (HRM2) bietet sich die einmalige Chance, die Deckungslücke weitgehend zu finanzieren, wobei die Stadt wie auch die Mitarbeitenden während sieben Jahren Sanierungsbeiträge bezahlen müssen. Das Modell erlaubt es, dass die Steuerzahlenden ihren Beitrag indirekt leisten…Weil die Abschreibungen mit HRM2 linear und nicht mehr wie bisher degressiv erfolgen, führt dies zu einer einmaligen Aufwertung des Verwaltungsvermögens der Stadt Winterthur. Dank dieser Aufwertung wird genug Eigenkapital geschaffen, damit namhafte liquide Mittel als Einmaleinlage für die Sanierung der Pensionskasse beschafft werden können. Ohne diese Einmaleinlage wären drastische Sanierungsbeiträge bzw. eine sehr lange Sanierungsperiode oder gar ein Verzicht auf die Vollkapitalisierung nötig…“

In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen:

1. Es ist davon auszugehen, dass der Kanton Zürich mit den Projektgemeinden, und somit
auch mit der Stadt Winterthur und mit der Pensionskasse der Stadt Winterthur, betreffend
der Einführung von HRM2 „Modell Gemeindeamt Zürich“, Verträge abgeschlossen und
Vorgaben gemacht hat. Wurden diese Verträge und Vorgaben der kantonalen Finanzkon-
trolle, was die öffentlichen Finanzhaushalte und den finanzrechtlichen Teil betrifft, und der
schweizerischen Pensionskassenaufsicht sowie der BVG- und Stiftungsaufsicht des
Kantons Zürich (BVS), betreffend Vorgaben an Pensionskassen und insbesondere den
Vertrag und die Vorgaben mit/an die Pensionskasse der Stadt Winterthur, zur Beurteilung
respektive Genehmigung vorgelegt? Wenn nicht, wird der Regierungsrat dies umgehen
nachholen?

2. Hat sich der Regierungsrat Gedanken gemacht, ob das durch das Gemeindeamt vorge-
gebene HRM2 Modell nicht gegen die Buchhaltungsgrundsätze der Bilanzwahrheit und
der Bilanzklarheit sowie gegen den Grundsatz von True and Fair Value Accounting ver-
stösst? Wird der Regierungsrat aufgrund der durch die Stadt Winterthur betreffend
Restatement und neuer Abschreibungsmethodik gemachten Aussagen eine Stellung-
nahme von Spezialisten der Universitäten St. Gallen und Zürich einholen sowie die Stadt
Winterthur und die Pensionskasse der Stadt Winterthur anweisen, ihre Rechnungen 2013
und die Budgets 2015 nach geltendem und allgemeinverbindlichem Modell HRM1 zu
erstellen?

Hans-Peter Amrein