«Eiertanz auf dem Vulkan»

Eiertanz auf dem Vulkan

«Lieber ein rasches Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende», so müsste die Losung für den Bankrat der Zürcher Kantonalbank zum missratenen Engagement bei der Privatinvest Bank AG (PIAG) in unserem östlichen Nachbarland lauten. Einen niedrigen, zweistelligen Millionenbetrag habe sich die zürcherische Staatsbank den Kauf der Problembank in Österreich kosten lassen. Über die genauen Zahlen sei aber mit den Verkäufern, der deutschen Commerzbank und der Salzburger Sparkasse, «Stillschweigen» vereinbart worden. Wie immer, wenn es an Transparenz mangeln soll oder muss, wurde auch in diesem Falle «Stillschweigen» vereinbart. Schon lange vergessen sind die Verluste und das schmerzhafte Ende des Engagements (der Mehrheit) der schweizerischen Kantonalbanken im Börsen- und Privatkundengeschäft im Ausland (via die Swiss Cantobank und deren Tochterbank, der Deutschschweizerischen Bank, Frankfurt) in den 80er-Jahren. Dienlichst vergessen wird auch, dass wohl weltweit kein grösseren Staatsinstitut je über längere Zeit mit einem Auslandengagement erfolgreich war.

Eine Fehlinvestition

Worum geht es? Die um viele ehemalige Grossbankmitarbeiter und Grossverdiener in Kaderpositionen verstärkte Zürcher Kantonalbank, ein ehemals und hoffentlich auch noch heute grundsolides Bankinstitut mit unbeschränkter Staatsgarantie (der Steuerzahler haftet für etwaige Verluste), will neuerdings das grenzüberschreitende Privatkundengeschäft pflegen. Daneben sind weitere Geschäftsarten in der Europäischen Union (EU) angedacht. Um dieses strategische Ziel erreichen zu können, braucht es aufgrund der Vorgaben der europäischen Regulatoren unbedingt ein Standbein in der EU. Was läge da näher, als in ein schon gemachtes Bett zu liegen? Also begibt man sich auf die Suche und wird schon bald in Österreich fündig. Zwei Banken suchen dringlichst einen Käufer für ein Lotterbett. Eine wohl etwas oberflächliche Inspektion des Bettes (in der Fachsprache «due diligence» oder auf Altdeutsch «detaillierte Untersuchung» genannt) scheint keine grösseren Probleme zum Vorschein gebracht zu haben, abgesehen einiger schon während der Regentenschaft der Vorbesitzer aufgetretener Mängel (unter anderem dem Umgang mit dem Sohn eines ehemaligen Potentaten).

Und da ein «niedriger zweistelliger Millionenbetrag» für die in den letzten Monaten geradezu mit Liquidität geschwängerte Zürcher Kantonalbank einen Klecks bedeutet, wurde die Bank gekauft. Seit dem 1. Februar 2010 ist die ZKB stolze Besitzerin der PIAG, einer Privatkundenbank mit zirka 600 Millionen Euro anvertrauten Kundengeldern. Auf der Webseite des Kleinjuwels mit Hauptsitz in Salzburg und einer Niederlassung in Wien wird, auch heute noch, nicht ohne Stolz verkündet: «Österreich wird als zentrales Element der internationalen Private Banking Strategie der ZKB zum ersten Standort ausserhalb der Schweiz.»

Den Stecker herausziehen

Seit Übernahme der Bank im Februar sind mehrere Hausdurchsuchungen der Staatsanwaltschaft bei der PIAG erfolgt. Mindestens ein weiterer, grosser Betrugsfall scheint aufgedeckt. Bewiesen ist nichts, doch es scheint, dass die Bank weder von der Errichtung fiktiver Konten und der Ausrichtung fiktiver Kredite, noch von Geldwäscherei und weiterer Delikten verschont blieb. Es werde mit Hochdruck an der Aufarbeitung des Falles und der Säuberung der Bank von allen Altlasten gearbeitet, lässt ein Sprecher der Bank verlauten. Bis Ende Jahr 2010 solle das Ausmass der aufgelaufenen Schäden abschliessend beurteilt werden können. Erst nach erfolgter, gründlicher Durchleuchtung und endgültiger Sanierung will man die Bank in ZKB Österreich umfirmieren. Der oberste operative Leiter der ZKB liess ebenfalls verlauten, «man» wolle in fünf bis sieben Jahren Bilanz ziehen, ob der Entscheid die PIAG zu kaufen der richtige war? Die Fluktuation in den oberen Führungsetagen der Banken in der Schweiz betrachtend, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Manager in sieben Jahren noch die gleiche Position besetzt eher gering … Ob dies alles das Vertrauen einer gehobenen Privatkundschaft (ausgenommen gewisser Kunden aus dem Balkan und aus Osteuropa) stärkt, sei dahingestellt.

Das Engagement des Staates bei der ZKB überprüfen

Eine sofortige Beendigung des ZKB- Abenteuers in der EU ist vonnöten. Dies kann und sollte umgehend wie folgt in die Wege geleitet werden: Verkauf des Kundengeschäftes der PIAG – für was es dann wert ist – an ein Drittinstitut und daran anschliessend, nach der Abgabe einer Patronatserklärung durch die ZKB an die Österreichische Nationalbank respektive an die Aufsichtsbehörden, Abwicklung (Liquidation) der Bank. Der ZKB ist ein grösserer Reputationsschaden entstanden, doch dies scheint gewisse Akteure nicht besonders zu stören. Sie beharren weiter auf der unsinnigen Expansionsstrategie ins Ausland und dem Engagement bei der PIAG. Somit sind der Bankrat der ZKB und wenn nötig der Kantonsrat, als Oberaufsichtsorgan über die Zürcher Kantonalbank, gefordert. Es ist zu hoffen, dass sich der Bankrat abschliessend mit dem Fall beschäftigt und den Stecker unter dem Motto «Lieber ein rasches Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken» herauszieht. Auch die übergeordnete Frage, ob es Aufgabe des Staates ist, die Geschäfte einer Bank und für das aus deren Grösse resultierende Klumpenrisiko zu garantieren, muss gestellt werden!

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