Das unsägliche Liftkartell – Parlamentarische Initiative von drei Kantonsräten:
–aus der Tages-Anzeiger vom 01.09.2018
Kritiker der angeblichen Überregulierung bei Liftwartungen haben den Preisüberwacher eingeschaltet. Mittlerweile befasst sich auch die Wettbewerbskommission mit dem Fall.
«Übermässige Vorgaben bei Liftwartungen»: So lautet der Betreff im Brief an den eidgenössischen Preisüberwacher Stefan Meierhans. Die Absender aus Zürich: die Spitzen des kantonalen Gewerbeverbands (KGV) und des kantonalen Hauseigentümerverbands (HEV). Sie fordern den Preisüberwacher auf, sich der Thematik anzunehmen – mit dem Ziel von «fairen und sinnvollen Liftwartungsintervallen» für Unternehmungen und Hausbesitzer. «Insbesondere müssen unseres Erachtens Fehlanreize von Normierungsinstitutionen künftig vermieden werden», heisst es in dem Schreiben weiter.
Unterzeichnet haben es KGV-Präsident Werner Scherrer, KGV-Geschäftsleiter Thomas Hess, HEV-Präsident Hans Egloff und HEV-Direktor Albert Leiser. Die vier berufen sich auf Abklärungen der kantonalen Koordinationsstelle Unternehmensentlastung, wonach für die Vorgaben der Liftwartungsintervalle private Normierungsinstitutionen verantwortlich sind.
Kartellähnliche Züge
«Die meisten Mitglieder dieser Normierungsinstitutionen sind Angestellte von Liftunternehmungen», heisst es im Brief weiter. Diese wiederum profitierten direkt von möglichst vielen angeordneten Liftwartungen, für die sich ihre Mitarbeiter in den zuständigen Normierungsinstitutionen starkmachten. Die hohen Liftwartungskosten bedeuteten für Unternehmen sowie Hauseigentümer unverhältnismässige Auslagen, die nicht notwendig und vor allem preistreibend seien.
Preisüberwacher Stefan Meierhans teilt die Einschätzung, «dass im Bereich der Liftwartungen grundsätzlich Handlungsbedarf besteht». Dies schreibt er in seiner Antwort vom 20. November. Ob die Normierung eines der anzugehenden Probleme sei, könne er aber leider nicht beurteilen, da ihm der dafür notwendige technische Hintergrund fehle. Zudem verfüge die Preisüberwachung in diesem Bereich über keine Kompetenz.
Er werde sich aber weiterhin dafür starkmachen, «dass Fehlanreize und Intransparenz im Bereich der Aufzugswartung bald der Vergangenheit angehören», schreibt Meierhans weiter. Er habe beim Staatssekretariat für Wirtschaft, dem Büro für Konsumentenfragen und dem Schweizerischen Hauseigentümerverband «wiederholt auf Handlungsbedarf hingewiesen». Und weiter: «Auf eine Meldung hin habe ich im September 2018 denn auch eine Anfrage zur periodischen Kontrolle von Aufzügen im Kanton Zürich an das Sekretariat der Wettbewerbskommission (Weko) weitergeleitet. Dieses hat den Fall im Oktober 2018 aufgenommen.»
«Teures Dauerärgernis»
Weko-Vizedirektor Olivier Schaller bestätigt, dass seine Behörde einen Fall von Liftwartung und -kontrolle aus dem Kanton Zürich untersucht. Nähere Angaben zum Verfahren und möglichen Sanktionen könne er noch nicht machen.
Die Wettbewerbskommission ist eine unabhängige Bundesbehörde. Sie kümmert sich nach eigenen Angaben unter anderem um «die Bekämpfung von schädlichen Kartellen» und beaufsichtigt marktbeherrschende Unternehmen.
«Das sind zwar positive Signale», sagt Thomas Hess. Sorgen bereitet dem Geschäftsleiter des KGV allerdings die Bemerkung des Preisüberwachers, er verfüge über keine Kompetenz in diesem Bereich. Der KGV werde zusammen mit dem HEV weiter am Ball bleiben und sei gespannt, «wie der Preisüberwacher sich konkret für unser Anliegen starkmachen will». Hess spricht von einem «teuren Dauerärgernis» für Unternehmen und Hauseigentümer. Nicht nur wegen der vielen Wartungen, sondern weil Aufzüge aus «übermässigen Sicherheitsgründen» auch noch mit Innentüren umgerüstet werden müssen.
Neuer Kantonsratsvorstoss
Auf politischer Ebene sind die Liftkritiker erneut aktiv geworden. Vor wenigen Tagen haben die Kantonsräte Hans-Peter Amrein (SVP, Küsnacht), Marcel Lenggenhager (BDP, Gossau) und Erich Vontobel (EDU, Bubikon) eine parlamentarische Initiative eingereicht. Die Forderung: Um den überhöhten Wartungskosten für Beförderungsanlagen entgegenzuwirken, soll das Planungs- und Baugesetz ergänzt werden. Hersteller von Aufzügen und Rolltreppen sollen verpflichtet werden, «die für den Betrieb und Unterhalt notwendigen Informationen und technischen Hilfsmittel an den Betreiber herauszugeben, sodass der Betrieb und Unterhalt fachgemäss erfolgen kann».
Dies würde es den Eigentümern von Beförderungsanlagen erlauben, neben dem Hersteller auch ein unabhängiges Wartungsunternehmen zu engagieren. Der Markt würde somit geöffnet werden, was die Kosten der Wartung erheblich senken würde, sagt Kantonsrat Amrein. Dass sich inzwischen auch die Weko mit dem Fall befasst, nennt er einen «Lichtblick am Horizont».
Bereits im Frühling 2017 hatten Kantonsräte von SVP, BDP und EDU Vorstösse eingereicht, mit denen sie vom Regierungsrat Auskunft über die aus ihrer Sicht überbordende Bürokratie und die «kartellähnlichen Züge» bei Liftkontrollen verlangten. Beim Verband Schweizerischer Aufzugsunternehmen zeigte man damals zum Teil Verständnis. Der Regierungsrat wies die Kritik hingegen zurück und verwies auf die geringe Zahl von Liftunfällen im Kanton. Auf die Höhe der Wartungskosten habe der Kanton keinen Einfluss; hier spiele der Wettbewerb zwischen den Aufzugsherstellern.