Top 5 und das verlorene Vertrauen

Vertrauen hilft vielen herauf wie auch hinab (Sprichwort)

Unter der Ägide der im Forum Zürich zusammengeschlossenen Wirtschaftsverbände wurden die Kandidaten und Kandidatinnen von CVP, FDP und SVP gemeinsam zur Regierungsratswahl 2015 empfohlen und erfolgreich gewählt. Doch schon einen Tag nach Ablegung des Amtsgelübdes durch die Wieder- und Neugewählten ereignete sich ein Vorfall, welcher nicht nur als gravierender Betriebsunfall abgetan werden kann. Anlässlich einer Medienkonferenz, unter Mitwirkung des Regierungspräsidenten, des Gesundheitsdirektors und des nicht im „bürgerlichen“ Wahlbündnis eingebundenen, sozialdemokratischen Polizeidirektors, hat sich die Zürcher Regierung gegen die am 14. Juni 2015 zur Abstimmung gelangenden, vom kantonalen Gewerbe- und vom Hauseigentümerverband lancierten kantonalen Volksinitiativen „Ja zu fairen Gebühren“ gestellt. Damit haben bürgerliche Magistraten eines ihrer Wahlversprechen gebrochen und viele ihrer Wähler – wie auch den Schreibenden – masslos enttäuscht und vor den Kopf gestossen. Die Wählenden fühlen sich gelinde gesagt an der Nase herum geführt! Am meisten irritiert dabei die neugewählte Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP), welche nicht nur „Top 5“-Mitglied war, sondern auch für das Initiativkomitee mit Foto zeichnete. Plötzlich war ihr Foto von der Komitee-Hompage verschwunden. Und Regierungsrat Heiniger (FDP) behauptete doch wirklich anlässlich der Pressekonferenz der Regierung gegen die Initiativen, er habe das 9-Punkte-Programm von Top 5 nicht abgesegnet, obwohl er selber in letzter Minute noch Änderungen am Kapitel Gesundheit des besagten Programms anbrachte. Alle bürgerlichen Regierungsräte (Thomas Heiniger, Markus Kägi, Silvia Steiner, Ernst Stocker und Carmen Walker-Späh) haben sich mit dem gemeinsamen Wahlprogramm von „Top 5“ explizit für die beiden Gebühreninitiativen „Ja zu fairen Gebühren“ ausgesprochen. Mindestens drei von ihnen haben das Versprechen gebrochen. Der (freisinnige) Kampagnenleiter von Top 5 sieht kein grosses Problem im Austritt von Silvia Steiner und Carmen Walker-Späh aus dem Komitee „Ja zu fairen Gebühren“. Er frage sich nur, ob der neugewählte Regierungsrat seine Position wirklich so prominent mit einer Pressekonferenz und dazu noch gemeinsam mit einem SP-Vertreter habe darlegen müssen (Wortlaut NZZ). Wahrlich noch ein zusätzliches Armutszeugnis in dieser Angelegenheit. Die Wähler haben eine neue Regierung mit einem neuen Programm gewählt. Jetzt die Sache auf die alte Regierung abzuschieben und als weitere Ausrede eine schon gedruckte Abstimmungszeitung nachzuschieben, ist billig und verwerflich. Vertrauen ist zerstört und viele bürgerliche Wähler stehen vor einem Scherbenhaufen. Dass sich bürgerliche Zürcher Regierungsmitglieder nun wieder einmal hinter dem Kollegialitätsprinzip und dem Behördengeheimnis verschanzen, macht die Sache nur noch schlimmer. Immer wieder wird gefragt, warum es in einer direkten Demokratie – dem wohl höchsten Gut in unserem Lande – bei Regierungsratswahlen im Kanton Zürich zu einer Wahlbeteiligung von nur 31.3% kommen konnte? Dieser äusserst schwerwiegende Vorfall ist einer der Gründe für die in unserem Kanton grassierende Politiker-Verdrossenheit. Remedur ist angemahnt.

Hans-Peter Amrein
Kantonsrat (SVP, Küsnacht) und
Mitglied Komitee „Ja zu fairen Gebühren“