Rüffel für Küsnacht

Aus der Neuen Zürcher Zeitung vom 15.8.2017

 

Die Küsnachter konnten an einer Umfrage mitteilen, wie sie die Zukunft des Dorfzentrums sehen. Eigentlich hätte die Befragung anonym sein sollen. Der kantonale Datenschützer ortet aber mehrere Mängel.

 

Küsnacht und sein Zentrum. Das ist eine unendliche Geschichte. Seit Jahrzehnten wird in der Zürichseegemeinde darüber gestritten, was mit dem Areal oberhalb des Bahnhofs geschehen soll. Heute befindet sich dort ein Parkplatz. Nachdem die Stimmbürger im Februar an der Urne einem erneuten Anlauf für die Zentrumsplanung den Todesstoss versetzt hatten, griff der desillusionierte Gemeinderat zu einem neuen Mittel: Er lud die Küsnachter zu einer Nachbefragung ein. Mit der Umfrage wollte er herausfinden, wie er das Abstimmungsresultat «richtig einordnen» soll.

«Ihre Angaben werden vertraulich behandelt», hiess es zu Beginn des Fragebogens. Der kantonale Datenschutzbeauftragte, Bruno Baeriswyl, kommt nun aber zum Schluss, dass die Anonymität nicht gewährleistet war. Die Umfrage sei in verschiedener Hinsicht ungenügend gewesen, heisst es in einem siebenseitigen Bericht, welcher der NZZ vorliegt. Baeriswyl hält darin deutlich fest: «Die Gemeinde hat ihre Verantwortung für die Datenbearbeitungen nicht ausreichend wahrgenommen.» Angeregt wurde die Untersuchung des Datenschützers vom Küsnachter SVP-Kantonsrat Hans-Peter Amrein.

«Laienhaft und überfordert»

Die Küsnachter konnten an der Umfrage auf verschiedenen Wegen teilnehmen – online, brieflich oder an ausgewählten Tagen auch an gut frequentierten Orten im Dorf. Unter den Teilnehmern wurde ein Tablet verlost. Um sich für diesen freiwilligen Wettbewerb anzumelden, mussten Namen und Adresse angegeben werden. Zwar versicherte die Gemeinde, dass die persönlichen Angaben und die Umfrageantworten separat voneinander ausgewertet würden, diese Trennung sei aber nicht sauber genug erfolgt, findet der oberste Datenschützer. Bei der Online-Umfrage sei zudem die IP-Adresse der teilnehmenden Computernutzer gespeichert worden. Dies sei weder anonym noch verhältnismässig gewesen.

Für Hans-Peter Amrein offenbart der Bericht des Datenschützers, wie «laienhaft und überfordert» die Küsnachter Behörde vorgegangen sei. Generell stört er sich daran, dass ein politisches Gremium «per Umfrage regiert». So werde die Demokratie ad absurdum geführt. Das «datenschutzrechtliche Debakel» zeige ihm, dass künftig auf ähnliche Abenteuer verzichtet werden müsse.

Abstimmung im November

Der Küsnachter Gemeinderat bedauert gemäss einer Mitteilung sehr, dass die Umfrage trotz Beizug einer professionellen Firma und früherer Nachfrage beim Datenschutzbeauftragten nicht den Standards der Datenschutzgesetzgebung genügt habe.

An der Befragung haben 2000 Küsnachter teilgenommen. Auch aufgrund der bereits ausgewerteten Ergebnisse lässt der Gemeinderat im November über ein Projekt abstimmen, das die SBB-Unterführung von Küsnacht heller, sicherer und behindertengerecht gestalten soll.