Parlamentarische Initiative

Küsnacht und Horgen, 9. Dezember 2013

PARLAMENTARISCHE INITIATIVE      

von Hans-Peter Amrein (SVP, Küsnacht) und Max Clerici (FDP, Horgen)
betreffend Straffung von Rekurs- und Beschwerdeverfahren: Gleiche Fristen für Verfahrensführer und Verfahrensgegner im öffentlichen Recht

Das Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG; LS 175.2) wird wie folgt geändert:

 

§ 26 b.

Abs. 1  unverändert

Abs. 2  Die Vernehmlassungsfrist beträgt 30 Tage. In Stimmrechtssachen beträgt die Frist 5 Tage. Wurde die Rekursfrist abgekürzt, ist die Vernehmlassungsfrist entsprechend abzukürzen.

Abs. 3 unverändert

Abs. 4 unverändert

 

§ 58.

Die Vorinstanz und die am Verfahren Beteiligten erhalten Gelegenheit zur schriftlichen Vernehmlassung. Für die Vernehmlassungsfrist gilt § 26 b Abs. 2 VRG sinngemäss. Das Verwaltungsgericht kann einen weiteren Schriftenwechsel anordnen.

Hans-Peter Amrein
Max Clerici

 

Begründung:

 

Das Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG; LS 175.2) vom 24. Mai 1959 verpflichtet die Rekurrentin oder den Rekurrenten beziehungsweise die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer, den Rekurs bzw. die Beschwerde innert einer Frist von 30 Tagen einzureichen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 und § 53 Satz 2 VRG). Diese Frist ist eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckt werden kann (§ 12 Abs. 1 VRG).

 

Für die nach Eingang des Rechtsmittels folgende Rekurs- bzw. Beschwerdeantwort und für weitere Eingaben im Verfahren fehlt es hingegen an solchen gesetzlichen Fristen, so dass die Rekurs- oder Beschwerdeinstanz entsprechende Fristen zum einen grundsätzlich frei für den Einzelfall festlegen und zum anderen Fristerstreckungen gewähren kann (vgl. § 26b Abs. 2 bzw. § 70 VRG).

 

Von der Möglichkeit zur Fristerstreckung wird in der Praxis reger Gebrauch gemacht und die entsprechenden behördlichen bzw. gerichtlichen Fristen werden regelmässig verlängert. Dies läuft jedoch den berechtigten Interessen der Rekurrentin oder des Rekurrenten beziehungsweise der Beschwerdeführerin oder des Beschwerdeführers an einer raschen Erledigung der Streitsache entgegen. So ist insbesondere allgemein bekannt, dass die Verzögerung von Bauvorhaben durch administrative oder gerichtliche Verfahren oftmals zu volkswirtschaftlich unerwünschtem Schaden führt (vgl. dazu auch BGE 123 III 101 E. 2c mit Hinweis auf Hugo Casanova, La réparation du préjudice causé par l’opposition injustifiée à un projet de construction, Baurecht 1986, S. 75 ff., S. 77). Der Rekurs- bzw. Beschwerdegegnerschaft wird mitunter eine prozesstaktische Verzögerungsmöglichkeit eingeräumt, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt und welche für die Beschwerdeführer bzw. Rekurrenten zu finanziellen Einbussen führen kann.

 

Eine solche sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung der Parteien stellt einen Verstoss gegen das Rechtsgleichheitsgebot dar. Auch Beschwerdeführer bzw. Rekurrenten haben sich innert der gesetzlichen Frist zu einem abschlägigen Entscheid und, aufgrund der der Rechtsanwendung von Amtes wegen (vgl. §7 Abs. 4 VRG), allenfalls neuen rechtlichen Überlegungen zu äussern, ohne dass hier eine Möglichkeit zur Fristerstreckung bestünde. Diese Schlechterstellung einer Partei ist unhaltbar und findet insbesondere auch keine Begründung darin, dass mit einer Gleichstellung die Sachverhaltsermittlung und Entscheidfindung erschwert bzw. die Qualität der Rechtspflege gefährdet wäre. Um besonders aufwändigen Verfahren Rechnung zu tragen, ist auch zukünftig der instruierenden Behörde unbenommen, einen weiteren Schriftenwechsel anzuordnen.

 

Sowohl der Bundesgesetzgeber wie auch das Bundesverwaltungsgericht bekennen sich denn auch jüngst zur entsprechenden Waffengleichheit, indem sie die Verfahrensvorschriften für die rechtsmittelführende Partei und die Verfahrensgegnerschaft angleichen: So wird den Beschwerdegegnerinnen und Beschwerdegegnern im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht regelmässig lediglich eine nicht erstreckbare Vernehmlassungsfrist eingeräumt, und die neue Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) schreibt eine Frist von 30 Tagen für die Berufung wie auch für die Berufungsantwort gesetzlich sogar vor (Art. 312 ZPO), welche nicht erstreckbar ist (Art. 144 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch für die zivilrechtliche Beschwerde (vgl. Art. 322 ZPO).

 

Um dem Gebot der Rechtsgleichheit zu genügen, sind damit die Verfahrensvorschriften für die rechtsmittelführende Partei und die Verfahrensgegnerschaft anzugleichen und es sind auch für die Rekurs- oder Beschwerdeantwort gesetzliche Fristen einzuführen. Eine entsprechende gesetzliche Regelung erhöht letztlich auch die Rechtssicherheit für die Verfahrensbeteiligten, trägt den jüngsten gesetzgeberischen Bestrebungen sowie der heute gelebten Praxis auf Bundesebene Rechnung. Sie sorgt zudem für eine Beschleunigung der Verfahren, indem die Streitsache schneller Entscheidreife erlangt. Letzteres stärkt auch das Vertrauen der Rechtssuchenden in eine funktionierende und effiziente Judikative.