«Ordentliche Staatsanwältinnen und Staatsanwälte»

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrter Herr Regierungsrat, geschätzte Damen und Herren:

Heute ist wird mein Votum etwas „trocken und technisch“ – ich hoffe sie folgen mir trotzdem.

Neun Staatsanwaltschaften bilden im Kanton Zürich die Strafverfolgungsbehörde für Erwachsene. Sie sind für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs zuständig. Die Staatsanwälte üben die ihr durch die Eidgenössische Strafprozessordnung übertragenen Aufgaben aus: – so eröffnen und führen sie Untersuchungen nach Verbrechen und Vergehen und nach Gesetzesübertretungen, welche mit einem Verbrechen oder Vergehen im Zusammenhang stehen, entscheiden über allfällige Verfahrenseinstellungen, ordnen Zwangsmassnahmen an, erheben und vertreten Anklage im Namen des Staates sowie erlassen Strafbefehle (dazu später noch mehr).

Fünf Allgemeine Staatsanwaltschaften amten in 5 über den Kanton gelegten Regionen respektive Amtskreisen, weitere vier Besondere Staatsanwaltschaften sind kantonsübergreifend für bestimmte Delikte zuständig.

Die Staatsanwaltschaften erledigen jährlich rund 24‘000 Fälle.

Ist eine beschuldigte Person während des Vorverfahrens geständig oder der Tatbestand ausreichend geklärt, so kann die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über eine Busse, Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen, 720 Stunden gemeinnützige Arbeit, bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe sowie Kombinationen davon, welche nicht mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe entsprechen, „verknurren“.

Seit Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung, anfangs 2011, werden im Kanton weit über 50 % der Verurteilungen durch die Staatsanwaltschaften über einen Strafbefehl erledigt.

Damit wird deutlich, sehr geehrte Damen und Herren Kantonsräte, was für eine zusätzliche Bedeutung die des Stellung Staatsanwaltes oder der Staatanwältin durch den Strafbefehl erhalten hat. Die Staatsanwälte erledigen nämlich nicht „nur“ Bagatell- und „kleinere“ Fälle mittels Strafbefehl, nein, sie richten über viele sogenannte „Ersttäter“ aber auch über notorische „Wiederholungstäter“. Dadurch fällt den Staatsanwälten eine enorm wichtige Funktion innerhalb der Rechtsprechung zu, denn ihm oder ihr kommt die Entscheidungsbefugnis zu, das Strafmass eines Strafbefehls für ausreichend zu halten.

Der Kanton Zürich beschäftigt gesamthaft 155 staatsanwaltschaftliche Vollzeitstellen, davon 89 „Ausserordentliche“, durch den Regierungsrat ernannte Staatsanwaltsstellen, verteilt auf 96 Personen sowie66 sogenannte „Ordentliche“ – in den Bezirken – gewählte Staatsanwälte – und um diese geht es bei dieser Parlamentarischen Initiative.

Die gesetzliche Grundlage zu den Ordentlichen Staatsanwälten findet sich insbesondere im Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess, genannt GOG (211.1), Artikel 94, Absatz 1 bis 3.

Gemäss GOG, Artikel 94, Absatz 1 können die Ordentlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im ganzen Kanton eingesetzt werden.

Gemäss Beschluss des Kantonsrates über die Zahl der ordentlichen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Kanton und die Verteilung der Wahlstellen auf die Bezirke vom 31. März 2008, verteilen sich die in den Bezirken gewählten Staatsanwälte wie folgt: Andelfingen 0, Affoltern 1, Pfäffikon 1, Dielsdorf 2, Hinwil 2, Meilen 2 , Horgen 3, Dietikon 4, Uster 4, Bülach 5, Winterthur 7 und Zürich 35.

Und nun – was wollen wir mit dieser parlamentarischen Initiative ändern :

Der Kantonsrat soll bei der Festsetzung der Zahl der im Kanton und in den Bezirken zu wählenden Staatsanwälte den Einwohnerbestand und die Bevölkerungsentwicklung in den Bezirken berücksichtigen und damit das vorherig beschriebene, herrschende Ungleichverhältnis korrigieren.

Aufgrund der privilegierten Stellung der Staatsanwaltschaft innerhalb der Rechtspflege unseres Kantons, welche durch die neue Straffprozessordnung und die Erledigung von über 50 % der Fälle mittels Strafbefehl noch verstärkt wurde, erscheint es uns von imminenter Wichtigkeit, dass die Wahl der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen möglichst breit im Volk abgestützt und legitimiert ist und deshalb neu proportional über den ganzen Kanton erfolgt.

Dies ist, wie vorgehend erläutert, derzeit nicht der Fall, wählen doch gemäss der durch diesen Rat beschlossenen, geltenden Ordnung die Städte Zürich und Winterthur überproportional viele der Ordentlichen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen unseres Kantons, nämlich deren 42 von 66.

Die Stimmbürger der Städte Zürich und Winterthur, respektive nach geltender Regelung die Interparlamentarischen Konferenzen dieser Städte, wählen fast 64 % aller im Kanton tätigen Ordentlichen Staatsanwälte. Dies wiederspiegelt weder die Demographie unseres Kantons noch den Volkswillen.

Auch sind in den einzelnen Bezirken verübte Straftaten sind nicht nur das Werk von in diesen Bezirken ansässigen Personen, sondern von im ganzen Kanton Ansässigen sowie von Tätern mit Provenienz ausserhalb des Kantons und im Ausland.

Indem die Anzahl der Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Ordentlichen Staatsanwaltes den Einwohnerbestand der einzelnen Bezirke respektive die Wähler in den einzelnen Bezirken im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung des Kantons Zürich abbildet – ähnlich der proportionalen Verteilung der Kantonsratsmandate auf die einzelnen Bezirke – wird der Demographie dem Volkswillen genauer entsprochen. Auch ein möglichst gerechter Parteienproporz über den ganzen Kanton hinaus wird gewährleistet, was derzeit überhaupt nicht der Fall ist.

Einem Einwand gegen diese PI möchte will ich schon jetzt entgegentreten:

Die Behauptung, bei Annahme der Parlamentarischen Initiative müssten gemäss geltendem Personalrecht, aufgrund von Mutationen, grössere Entschädigungen geleistet werden ist kreuzfalsch, denn die Ordentlichen Staatsanwälte können gemäss GOG, Artikel 94, Absatz 1, im ganzen Kanton eingesetzt werden. Und aufgrund unseres ausgezeichneten ÖeV Angebotes ist dies auch absolut zumutbar!

Und sollte es trotzdem zu Härtefällen kommen, was ich sehr bezweifle, kann eine, via Verordnung oder Weisung einzuführende, sogenannt „Grandfather“ oder Grossvater-Klausel verfügt werden, welche es gestandenen Mandatsträgern erlaubte, bis zum Ablauf ihres Mandatszeit oder bis zu ihrer Pensionierung in einer gleichen oder ähnlichen Position tätig zu sein. Eine Arbeitsortsgarantie gibt es in unserem Lande nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren Kantonsräte: aus den vorerwähnten Gründen bitte ich Sie, diese Parlamentarische Initiative vorläufig zu unterstützen. Das bestehende Ungleichverhältnis in der Verteilung und der Wahl der Ordentlichen Staatsanwälte unseres Kantons verdient es, genauer unter die Lupe genommen zu werden. Ich danke Ihnen.

 

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