Im Schnell­zug nach Absurdistan

Nachdem die Beamtenversicherung des Kantons Zürich (BVK) aufgrund von Missmanagement, Korruption und Unterdeckung saniert werden musste und anschliessend mittels Überführung in eine privatrechtliche Stiftung verselbständigt wurde, muss der Zürcher Kantonsrat ein Gesetz über die Nachführung des Personalrechtes der Versicherungskasse für das Staatspersonal erlassen. Die SVP Fraktion ist sehr wohl der Meinung, dass der Staat ein attraktiver Arbeitgeber sein und bleiben muss; doch die Vorlage entspricht einer gewerkschaftlichen Gesetzesnovelle. Dem Antrag der Regierung (5049a.) folgend, hat die Mehrheit des Rates – gegen die Stimmen von SVP und FDP – beschlossen, die geltende, massgebliche Bevorteilung der Arbeitnehmenden beim Kanton gegenüber der grossen Mehrheit der Mitarbeitenden in der Privatindustrie zu zementieren und weiter auszubauen. Der Kanton wird künftig m i n d e s t e n s drei Fünftel der Spar- und Risikobeiträge sowie der Kosten für einen Überbrückungszuschuss​ leisten, was einer Übervorteilung einer Mehrheit der Mitarbeitenden in der Privatindustrie in unserem Kanton und einem Hohn an den Steuerzahlenden gleich kommt. Noch absurder liest sich der Gesetzesparagraph, welcher vorschreibt, dass der Staat anlässlich einer zukünftigen Sanierung der BVK fünf Siebtel der allfälligen Sanierungsbeiträge übernehmen muss. Einzig der weltfremde Antrag in der Regierungsvorlage für einen Anspruch auf Abfindung bei Ablauf der Amtsdauer mit Verzicht auf Wiederwahl, konnte aus dem Gesetz gekippt werden.

Ebenfalls​ legiferiert wurde über eine Revision des Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals (5069a.). Und einzig die SVP-Fraktion stimmte gegen diese gänzlich überflüssige Revision. Die Regierungsvorlage, mit gesamthaft 109 Anglizismen (82mal Case-Management, 27 mal Personalmanagement und Adjektiven wie möglicherweise und voraussichtlich), entspricht 5.Liga-Niveau. Hinter der Gesetzesrevision steckt das Ansinnen, die Berater- und Sozialindustrie mittels mehrerer-, neuer Gesetzesartikel noch weiter unnötigerweise zu fördern, auszubauen und zu subventionieren, was die SVP Fraktion kategorisch ablehnte. Mit dem Case Management wird ein massgeblicher Kostentreiber gesetzlich verankert. Die geltende Praxis bei den Fallbegleitungen von Angestellten des Staates, welche wegen Krankheit oder Unfall über längere Zeit vermindert leistungsfähig oder länger teilweise oder ganz arbeitsunfähig sind, funktioniert. Mit der Festschreibung des Terminus „Case Management“ im Gesetz sind Sinn und Zweck der daraus erfolgenden regierungsrätlichen Verordnung vorgespurt: in der kantonalen Verwaltung wird es wohl keine effiziente und kostenbewusste Fallbegleitungen mehr geben, sondern die Beraterindustrie wird mit Aufträgen zugedeckt werden. Eine kostentreibende-, generelle Auslagerung der Fallbegleitungen an Dritte lehnte die SVP-Fraktion explizit ab, hat sich doch der Status quo sehr wohl bewährt.

Die Kultur von Absurdistan

Im das Gesetz über die Nachführung des Personalrechts ist ein Passus eingebaut, welcher stipuliert, dass die Versetzung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin nur noch zumutbar ist, wenn ein längerer Arbeitsweg aufgrund der persönlichen Verhältnisse der oder des Angestellten vertretbar ist. Der Kanton Zürich verfügt mit dem ZVV über das wohl beste öffentliche Verkehrsnetz der Schweiz und in ganz Europa. Im Vergleich zum Ausland handelt es sich generell bei den Arbeitswegen im Kanton und sehr geringe Distanzen. Es ist auch den Staatsangestellten deshalb sehr wohl zuzumuten, nach einer etwaigen Versetzung einen längeren Arbeitsweg zu gewärtigen. Im weiteren öffnet der Terminus „ein längerer Arbeits-weg“ Tür und Tor für Rechtshändel. Es scheint, dass bei der Formulierung dieses Gesetzesartikels ein Interessenvertreter der Gewerkschaft der Prozessierenden federführend war.

Zürcher Regierung von der Rolle 

Vor acht Jahren trat die (bürgerliche?) Mehrheit des Regierungsrates unter dem Motto „4-gewinnt“ an. Beide Vorlagen – notabene aus der Feder einer FDP-Regierungsrätin – entsprechen in grossen Teilen gewerkschaftlichem Denken und Handeln. Das die sich bürgerlich schimpfende Mehrheit in der Regierung offensichtlich nicht einig war  (oder war sie es etwa doch?), zeugt vom leider in vielen Exekutiven unseres Landes vorgelebten Credo „Es ist wichtiger, was wir tun als was wir sagen“. Dem Bürgern wird vor den Wahlen der Honig durch den Mund gezogen, die Wahlversprechen sind aber vielmals leer!